Österreichischer Fansektor in Kiew

Wie immer bei einer Großveranstaltung begannen die Vorbereitungen schon im Herbst des Vorjahres. Um Hotel, Anreise, Karten etc. musste sich unsereins (zumindest von der Linzer Reisegruppe) nicht wirklich kümmern. Wie in den Jahren zuvor, kann man sich in dieser Hinsicht auf die üblichen Verdächtigen rund um Hasi (und diesmal Fanreisen24) verlassen, welche die Reise hervorragend organisierten. Chapeau!

Da alle rot-weiß-roten Sporttouristen die ca. 1500 Kilometer weite Strecke mit dem Flieger antraten, musste der kostengünstige Transport der Support-Materialien organisiert werden. Hierbei stellten uns Fahnenstangen und Trommeln vor eine größere logistische Herausforderung. Nach dem Ende der Ära Kalt, konnte in den letzten Jahren der Kontakt mit dem Verband intensiviert werden. Dieser zeigt sich der Fanunterstützung sehr aufgeschlossen und steht uns bei allen möglichen Wünschen und Problemen mit Rat und Tat zur Seite. So umfasste das Equipment des Teams neben Schlägern, Schonern und Schlittschuhen auch noch eine Trommel. Vielen Dank für diese Hilfe! Bezüglich der Fahnenstangen mussten wir etwas kreativer werden. Normalerweise besorgen wir in solchen Fällen die Fahnenstangen (PVC-Rohre) immer in einem Baumarkt vor Ort. Jedoch war dieser vom Hotel aus nur sehr umständlich und zeitaufwändig erreichbar. So nutzten wir die günstigen Konditionen der ukrainischen Post und ließen uns kurzerhand die PVC-Rohre von einer ukrainischen Baumarktkette in eine Postfiliale in der Nähe unseres Hotels liefern. Unter Gelächter der Postangestellten und Passanten holten wir ca. 15 Stk. 3-Meter PVC Rohre von der Poststelle ab und trugen sie knapp 2 KM vorbei an der Eishalle zu Fuß ins Hotel. Danke für die Hilfe beim Organisieren @Martin!

Grafik WMAnfangs erwarteten wir die WM in der ukrainischen Hauptstadt Kiew mit gemischten Gefühlen. Der seit 2014 schwelende Ukraine Konflikt ist zwar etwas abgeklungen und der Konfliktherd über 700 Kilometer von Kiew entfernt, dennoch konnte man nicht abschätzen in wieweit die ukrainische Hauptstadt in den Konflikt involviert ist und wie sich die Situation Ende April entwickeln würde. Soviel kann vorweg genommen werden, davon bekam man (zumindest als Tourist) gar nichts mit. Zudem wurden wir vor Überfällen und der allgemein hohen Straßenkriminalität im Vorhinein gewarnt. Aber auch die allgemeine Sicherheitslage vor Ort erwies sich als unproblematisch. Soweit wir wissen, hatte niemand ein Problem mit Diebstählen oder Überfällen. Selbst das alleinige rumirren mitten in der Nacht durch die Straßen Kiews war problemlos. Obwohl ich das nicht ausdrücklich empfehlen würde. Einzig, die normalerweise für österreichische Verhältnisse recht günstigen Taxipreise konnten stark variieren, was das oben beschriebene alleinige rumirren mitten in der Nacht durch Kiews Straßen nach sich zog. Auch die Bedenken hinsichtlich der kyrillischen Schrift, der unbekannten Sprache und die in östlichen Ländern oft nur beschränkt vorhandenen Englischkenntnisse der Bevölkerung sollten sich als unbegründet herausstellen. Die Konversation mit den sehr freundlichen Einwohnern war einfacher, als in manchen österreichischen Nachbarländern. Seltenheitswert hatte die ukrainische Währung Griwna/Hrywnja (ugs. österreichisch Trümma), welche nicht in Euro gewechselt werden kann. So musste als Erstes vor Ort ein Bankomat besucht werden. Hierbei empfiehlt der Reiseführer nur offizielle Bankomaten in Bankfilialen zu benutzen, was ebenfalls keine größeren Probleme darstellte. Da der Rücktausch der Scheine natürlich auch nicht möglich war, schmissen wir den Rest der Devisen zusammen und ließen es uns im Flughafen Restaurant gut gehen und tauschten letztendlich noch die restlichen Scheine gegen alles Mögliche von den Servicewägen der Stewardessen. Im Nachhinein erwiesen sich ausnahmslos alle Bedenken als unbegründet und es kann eine uneingeschränkte Reiseempfehlung für Kiew erteilt werden!

FansSpannend war jedenfalls die sportliche Ausgangslage. War die letztjährige B-WM in Katowice, bei der das österreichische Team zum ersten Mal seit 1992 den direkten Aufstieg verpasste, eine der Ausgeglichensten aller Zeiten, so war für unser Nationalteam dieses Mal vom Aufstieg bis Abstieg alles drinnen. Wobei man sich natürlich eher nach oben, als nach unten orientieren sollte.

Von Samstag 22. bis Freitag 28. April 2017 fand also die WM statt. Während der WM waren ca. 100 österreichische Fans vor Ort, welche (fast) alle per Flieger aus Österreich anreisten. Unterschiedlich war lediglich die Aufenthaltsdauer der Schlachtenbummler. Ungefähr die Hälfte der Fans blieb die gesamte Woche in Kiew, die restlichen österreichischen Fans teilten sich über die Woche auf und blieben entweder von Fr./Sa. bis Mittwoch bzw. von Mi./Do. bis Samstag.

Gespielt wurde die WM im Sportpalast Kiew. Die 7000 Zuschauer fassende Mehrzweckhalle wurde bereits im Jahre 1960(!!) eröffnet und kommt in typischer Ostblock Eleganz daher. Wenngleich das Gebäude mehr verglast war, als erwartet. Sonst kein Kitsch, kein Plastik (ausgenommen der Sitze) und vor allem keine lästige Laser-/Lichtershow, das passt schon. Trotz des hohen Alters war alles (zumindest im Zuschauerbereich) noch ganz gut in Schuss gehalten. Entlang der Längsseiten befanden sich einränginge Sitzplatztribünen, welche auf der einen Seite hinter dem Tor mit einer Sitzplatzkurve miteinander verbunden waren. Hinter dem anderen Tor gab es keine Tribüne, sondern lediglich eine (Holz-)Bühne, wie in jedem typischen Pfarr- oder Gemeindesaal. Obwohl es eine reine Sitzplatzhalle war, konnte und durfte man problemlos im Sektor stehen. Im 2-stöckigen Rundlauf hinter den Rängen konnte man leider die Halle nicht komplett umrunden, da der Rundlauf nur hinter einem Tor ausgebaut war. Das Speisen- und Getränkeangebot an den Ständen im Rundlauf war in Ordnung. Alkohol bzw. Bier im 0,5 Liter Becher durfte man nicht auf die Plätze mitnehmen. Dafür musste das Bier in eine grottenhäßliche dunkelbraune 1 Liter Plastikflasche gefüllt werden. Der Sinn dahinter eröffnet sich mir auch Monate später nicht. Natürlich weiß jeder, dass es sich um eine Bierflasche handelt. Anfangs vermuteten wir, dass bleifreies Bier in die Flaschen gefüllt wurde. Dies konnte aber ausgeschlossen werden, da das Bier direkt vom Zapfhahn in die Flasche gefüllt wurde. Egal, hauptsache man durfte das Bier am Platz trinken, auch wenn man dabei wie der größte Sandler aussah. Vielleicht war dies die Intention dahinter, da man sonst kaum einheimische Fans damit rumlaufen sah.

Sarkophag Block 4Ich persönlich feier den Spielmodus einer B-WM. Innerhalb von 7 Tagen sieht man 5 Spiele gegen jeweils unterschiedliche Gegner. Dazwischen hat man zwei spielfreie Tage, um die Stimme zu schonen und sich den kulturellen und kulinarischen örtlichen  Gegebenheiten zu widmen. Optimal für Eishockeyreisende!

Gleich am ersten spielfreien Tagen bot sich, für eine kleine Abordnung unserer Reisegruppe, ein Ausflug zum ehemaligen Atomkraftwerk nach Tschernobyl an. Leider klingelte an diesem Tag der Wecker schon um 6 Uhr früh, da man knapp 3 Autostunden zurücklegen musste, um das riesige Areal rund um das ehemalige Atomkraftwerk zu erreichen. Ausgezahlt hat es sich in jeden Fall. Die meisten Informationen und Fakten kann man rasch im Internet nachlesen, die beeindruckenden und zum Teil beängstigenden Eindrücke, kann man aber nur selbst vor Ort sammeln.

MaidanIn der restlichen freien Zeit rund um die Spiele wurde die sehenswerte Stadt Kiew erkundet. Kiew ist für ukrainische Verhältnisse recht reich und dadurch auch ziemlich teuer. Während sich in ländlichen Gebieten beispielsweise oft ganze Dörfer wenige Autos teilen, besitzen die Kiewer zum Teil sogar mehrere (recht neue) Autos. Dies führt - neben überfüllten Straßen - zu einer Landflucht, da viele Menschen ihr Glück in der Großstadt suchen. Während Kiew offiziell ca. 3 Millionen Einwohner hat, leben inoffiziell geschätzt rund 5 Millionen Menschen in Kiew. Um einen persönlichen Eindruck von der Stadt zu bekommen, folgten einer obligaten Stadtrundfahrt, bei der man alles Mögliche an Sehenswürdigkeiten an einem vorbei ziehen lies, Besuche beim Höhlenkloster, zahlreicher Denkmäler, historischer Gebäude und anderen Sehenswürdigkeiten. Außerdem besuchte man noch kurz das Olympiastadion Kiew und das Walerij-Lobanowskyj-Stadion, dem alten Dynamo Kiew Stadion. Auch aus Sightseeing Aspekten kann man zu einem Besuch in Kiew nur raten.

Kasachische und Österreichische FansZurück zum eigentlichen Grund des Besuchs: Beim ersten Spiel einer WM kommt auch in fantechnischer Hinsicht einiges an Spannung auf. Wie viele (österreichische) Fans sind vor Ort? Wie sieht die Halle aus, wie die Aufteilung der Sektoren und ganz wichtig wie scharf sind die Sicherheitsbestimmungen? Waren die logistischen Anstrengungen bezüglich der Trommel und Fahnenstangen umsonst, weil man sie nicht mit rein nehmen darf? Wie so vieles bei dieser Reise, war alles wieder mal kein Problem. Fahnenstangen und Trommel konnten mit in die Halle genommen werden. Auch das Zusammenstellen der anwesenden österreichischen Fans in der Halle war kein Problem. Die Stimmung auf den Rängen war gut, das Spiel der Mannschaft am Eis weniger. Gleich im ersten Spiel setzte es gegen Kasachstan eine 2:3 Niederlage. Auftakt nach Maß sieht anders aus, die  ca. 10-15 kasachischen Fans hatten naturgemäß ihre Freude.

 

FansAm zweiten Spieltag kam es mit Ungarn zum Aufeinandertreffen zweier Favoriten um den Aufstieg. Knapp 500 ungarische Fans machten das Spiel zu einem ungarischen Heimspiel. Wie in den vielen Jahren zuvor traten die ungarischen Fans sehr zahlreich, lautstark und trinkfest auf. Aufgrund des (glücklichen) 3:1 Sieges unserer Mannschaft konnten wir uns in der Halle auch Gehör verschaffen und aufgrund der zahlreichen größeren und kleineren Fahnen fielen wir auch optisch auf.

Auch im 3. Spiel gegen den Gastgeber Ukraine hatte man ein Auswärtsspiel zu bestreiten. Zum Glück war die Halle mit ca. 5000 Zusehern nicht ausverkauft, so konnten sich die österreichischen Fans auch wieder in einem gemeinsamen Österreich Sektor zusammen stellen. Da sich die Lautstärke der einheimischen Fans weite Teile des Spiels in Grenzen hielt, konnte man gesanglich etwas auf sich aufmerksam machen. Optisch mit unseren Fahnen sowieso. Mit einem umkämpften 1:0 Sieg schaffte man es zurück ins Rennen um den Aufstieg. Da die Kasachen nach dem Sieg gegen uns aus ihren folgenden zwei Partien nur 2 Punkte mitnehmen konnten und wir hingegen zwei (glückliche) Siege einfuhren, war man nach dem dritten Spieltag Tabellenführer, spielte aber alles andere als souverän.

Am nächsten Spieltag gewann das Team gegen den späteren Mitaufsteiger Südkorea mit 5:0. Schon nach dem ersten Drittel erspielte man eine 3:0 Führung und spulte die restlichen Drittel trocken runter. Obwohl das Team ihr bis dato bestes Spiel der WM spielte, war es im österreichischen Sektor das ruhigste Spiel der WM. Die ca. 50 mitgereisten Südkoreanischen Fans waren während dem Spiel kaum zu vernehmen.

Am letzten Spieltag war alles offen und nur ein Sieg würde zum sicheren Aufstieg reichen. Obwohl auch Polen mit einem Sieg gegen uns noch (minimale) Chancen auf den Aufstieg gehabt hätte, war das letzte Spiel eine eindeutige Sache. Nach einer abermaligen 3:0 Führung nach dem ersten Drittel, setzten die Polen nichts mehr dagegen und ließen sich mit 11:0 aus der Halle schießen. Trotz des (mit Abstand) trefferreichsten Spiels der WM, wurde mit Nigel Dawes ein kasachischer Spieler Topscorer der WM.

SiegerehrungAufgrund des schon öfters erwähnten guten Kontakts zum Verband konnte dieser erreichen, dass alle österreichischen Fans nach dem letzten Spiel der WM zur Siegerehrung in die Halle gelassen wurden und wir gemeinsam mit unserer Mannschaft den Aufstieg feiern konnten. Als weiteres Zeichen der Wertschätzung vom Verband für die angereisten Fans, gab es am spielfreien Tag ein kurzes meet & greet mit der Mannschaft im Fanbereich vor der Halle. Bezüglich der offiziellen Fanzone muss man den Veranstaltern ein großes Kompliment aussprechen. Auch wenn ich es persönlich nicht brauche, aber für eine B-WM untypisch, bekam man laufend Rahmenprogramm geboten.

Mein Fazit zum sportlichen Abschneiden bei der WM fällt wie folgt aus: Nach dem anfänglich schwachen Start in die WM (Niederlage gegen Kasachstan, glücklicher Sieg gegen Ungarn und ein umkämpfter 1:0 Arbeitssieg gegen den späteren Absteiger Ukraine) platzte der Knoten und die letzten zwei Spiele konnten souverän gewonnen werden. Somit kann man letztendlich von einem verdienten Aufstieg sprechen, sollte aber aufgrund der ersten 3 Partien nicht in zu hohe Euphorie verfallen. Letztendlich zeigte sich die eingangs erwähnte Ausgeglichenheit der Teilnehmer. Trotz sehr guter Leistungen und obwohl die Ukrainer keine einzige Partie mit mehr als 2 Toren Unterschied verloren, musste der Veranstalter als Tabellenletzter absteigen. A-WM Absteiger und Aufstiegsfavorit Ungarn konnte nur knapp den Abstieg verhindern. Südkorea konnte erst im allerletzten Spiel der WM, durch einen Sieg im Penaltyschießen(!) gegen den Absteiger Ukraine, erstmals den Aufstieg in die A-WM fixieren.

FansektorNächstes Jahr geht es in Kopenhagen (Dänemark) wieder gegen die besten Mannschaften der Welt. Alles andere als ein Nichtabstieg wäre eine Überraschung. Natürlich werden wir Fans (zum ersten Mal auch als offizieller Teamfanclub) in Kopenhagen sein. Ein Teil der Fans wird sogar alle Spiele der Österreicher Live Vorort verfolgen. Auch wenn die Sicherheitsbestimmungen leider wieder strenger sind und Fahnen(-stangen) und Trommel verboten sein werden, so haben wir in Zusammenarbeit mit dem Verband einen Österreich-Fansektor organisiert. So müssen wir diesmal zumindest (hoffentlich) nicht still sitzend die Spiele unseres Teams verfolgen. Also bitte kauft euch die Karten in diesem Sektor und unterstützt das österreichische Nationalteam lautstark!

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